Die geltenden Beamtengesetze verpflichten Beamte, gegen die Rechtswidrigkeite dienstlicher Anordnungen unverzüglich bei seinem nächsthöheren Vorgesetzten zu remonstreieren (Einwände erheben, Gegenvorstellungen machen). Diese Pflicht zur Prüfung der Rechtmässigkeit ist umfassend zu verstehen, sie schliesst auch die Prüfung der Zweckmässigkeit ein.
Bestätigt der Vorgesetzte die Anordnung, so muss man sich (nicht: kann!), wenn seine Zweifel fortbestehen, an den nächsthöheren Vorgesetzten wenden. Bestätigt auch dieser die Anordnung, so muss sie ausgeführt werden - es sei denn, sie ist erkennbar strafbar oder ordnungswidrig oder sie verletzt die Würde des Menschen.
Beamte können sich also einerseits entlasten und Regressansprüche des Dienstherren
abwenden, andererseits erfüllen sie ihre Treuepflicht gegenüber dem Dienstherren, von dem sie
Schaden abzuwenden haben. Trotz des Namens ist das Remonstrationsrecht also kein Recht,
sondern eine Pflicht. Auch deshalb ist es im Pflichtenkatalog der Gesetze enthalten.
Allerdings entzieht sich die Praxis des Remonstrationsrechts weithin der Nachforschung. Denn
es gehört zu seinem Wesensgehalt, dass es sich nicht öffentlich manifestiert. Remonstrierende
Beamte tun dies nicht vor aller Augen, und sie bekennen sich auch nicht dazu. Im Gegenteil:
Das Verbot der Flucht an die Öffentlichkeit hindert sie häufig daran, auch nur dienstintern
bekannt werden zu lassen, dass, warum und mit welchem Ergebnis sie remonstriert haben.
Und: Wer remonstriert, muss grundsätzlich mit Nachteilen rechnen. Das galt für den
klassischen Fall, den Protest der "Göttinger Sieben" gegen den Staatsstreich ihres Fürsten, der
die von ihm beschworene Verfassung aus den Angeln hob und die protestierenden Professoren
anschliessend nicht nur aus dem Amt, sondern auch aus dem Land jagte. Das gilt auch heute
noch, wie einer der wenigen bekanntgewordenen Fälle von Remonstration der Jetztzeit zeigt:
Der Beamte des Finanzamts St. Augustin, der die verdeckte Parteienfinanzierung nicht
mitmachen wollte und die Prozesse gegen hohe und höchste Diener der Republik ins Rollen
brachte, wurde eben nicht als besonders pflichbewusster Diener dieser Republik geehrt,
sondern musste sich in der Privatwirtschaft einen neuen Job suchen.
Aber abgesehen von diesen spektakulären Beispielen gilt: Erfahrene, standfeste Beamte mögen
auch noch so oft mit Erfolg remonstrieren - die anderen Beschäftigten erfahren kaum je davon
und können sich nicht an dem Vorbild orientieren.
Die Remonstrationspflicht, wie wir sie derzeit kennen, ist keineswegs eine Errungenschaft des
demokratischen rechtsstaates Bundesrepublik. Schon nach dem Ende des Absolutismus
entwickleten sich in vielen deutschen Staaten Vorläufer der heutigen Regelung - teilweise
waren die Rechte und Pflichten damals sogar weitgehender als heute.
Im absolutistischen Staat war es undenkbar, dass der souveräne Fürst irren könnte, und auch
die obersten Behörden als seine "verlängerten Arme" waren gleichfalls "unfehlbar". Trotz
Kritik konstatierte noch das Preussische Allgemeine Landrecht von 1794 die Treuepflicht
gegenüber dem Staatsoberhaupt. Das Wohlergehen und der Willen des absoluten Monarchen
war dem des gesamten Staates gleich.
Schon damals wurde der Widerspruch sichtbar: Leisteten beamte Widerstand, so mussten sie
mit Repressionen durch die Vorgesetzten rechnen, handelten sie rechtswidrig, dann hafteten
sie. Der Lösungsvorschlag: Glaubten Beamte, dass ein Befehl rechtswidrig sei, so seien sie
verpflichtet, in einer bescheidenen Gegenvorstellung die Gründe vorzutragen, aus welchen sie
die Zweckmässigkeit oder Rechtmässigkeit des erhaltenen Befehls bezweifeln. Hat aber der
Staatsdiener alle diese Mittel erschöpft und die Regierung besteht auf ihrem Befehle, dann
müsse man gehorchen.
Erstmals wird die Remonstrationspflicht wohl in der Württembergischen Verfassungsurkunde
von 1819 erwähnt. Danach sind Beamte voll für alle Handlungen in ihrem Geschäftskreis
verantwortlich, müssen aber nur formell rechtmässige Weisungen beachten. Zweifelten sie an
der Kompetenz der weisunggebenden Behörde oder fanden sie "Anstände" beim Inhalt einer
höheren Verfügung, mussten sie sich an die ihnen vorgesetzte Behörde wenden. Bei allen ihren
Handlungen hatten sie ihrem Diensteid gemäss (§ 45) die Verfassung zu achten, waren dabei
allerdings dem König verpflichtet.
Es gab sogar Staaten mit einer Art von Widerstandsrecht: Die Kurhessische
Verfassungsurkunde und das Staatsgrundgesetz von Sachsen-Gotha machten Beamte für ihre
Amtshandlungen voll verantwortlich. Dies schloss ein Widerstandsrecht gegen rechtswidrige
Weisungen ein.
Nur ein "Remonstrationsrecht" (also keine Pflicht) konstituierten hingegen das Sächsische
Civilstaatsdienergesetz, das Hannoveraner Staatsdienergesetz und das Lippische Gesetz über
den Staatsdienst: Sie verpflichteten Beamte nicht zur Remonstration, sondern berechtigten sie
nur dazu.
Nach der gescheiterten "Revolution" von 1848/49 wurde der Obrigkeitsstaat wieder etabliert.
Ein "Remonstrationsrecht" wurde zwar nicht ausgeschlossen, im Grunde hatten Beamte aber
wieder zu gehorchen. Die entscheidende Entwicklung war aber die Verpflichtung auf die
Verfassung und damit auf den Staat selber. Diesem hatten die Beamten nunmehr treu zu sein,
nicht mehr dem absoluten Fürsten.
Spätere Gesetze wandten sich dann von den liberalen Grundsätzen wieder ab und
verpflichteten Beamte zur Befolgung von Weisungen. Die Gehorsamspflicht erhielt Vorrang.
Dafür traf die Verantwortung dann ausdrücklich nur die anweisende Stelle. So schränkte das
Zivil-Staatsdiener-Gesetz für Anhalt-Dessau und Anhalt-Köthen die Pflicht zur Befolgung von
Anordnungen nur auf solche Weisungen ein, die nicht gegen Strafgesetze verstossen.
Demgegenüber verpflichteten das Oldenburgische Civilstaatsdienergesetz, die Kurhessische
Verfassungsurkunde, das Verfassungsgesetz von Schaumburg-Lippe und das
Schaumburg-Lippische Civilstaatsdienergesetz zum unbedingten Gehorsam.
Nach der Reichsgründung von 1871 wurde im März 1873 das Reichsbeamtengesetz
verabschiedet. Es verfügte: "Jeder Reichsbeamte ist für die Gesetzmässigkeit seiner amtlichen
Handlungen verantwortlich."
Ursprünglich war vorgesehen, die Beamtenhaftung in einem besonderen Gesetz zu regeln.
Diese Absicht wurde vom Reichstag gekippt: Beamte als Staatsbürger sollten nach den
gleichen Grundsätzen haften wie alle anderen auch. Königsgehorsam oder Loyalität
rechtfertigten keinerlei rechtswidrige Handlungen.
Der Reichstag wollte eben nicht nur ein "Remonstrationsrecht". Das von ihm verabschiedete
Gesetz gab den Reichsbeamten mehr: ein Widerstandsrecht gegen rechtswidrige Weisungen.
Es stellte damit eine Rückkehr zu den liberalen Regelungen des Vormärz dar.
Allerdings wurde 1900 die Staatshaftung so geregelt, dass Beamte nicht mehr wie andere
Bürger auch für ihre Dienstpflichtverletzungen hafteten. Das hat sicherlich den Gehorsam
gegenüber Weisungen "erleichtert". Ferner muss grundsätzlich bedacht werden, dass das
Beamtenverhältnis bis weit in die Zeit des Grundgesetzes hinein als "besonderes
Gewaltverhältnis" definiert war: Im Kern hatte die Gehorsampflicht immer Vorrang vor der
individuellen Gewissensentscheidung oder dem dienstlichen Recht bzw. der Pflicht zur
Anmeldung von Bedenken.
In der Weimarer Reichsverfassung hiess es: "Beamte sind Diener der Gesamtheit, nicht einer
Partei. Allen Beamten wird die Freiheit ihrer politischen Gesinnung und die
Vereinigungsfreiheit gewährleistet..."
Ein neues Beamtengesetz wurde nicht verabschiedet, das alte RBG galt weiter. 1922
verabschiedete der Reichstag dann das "Gesetz über die Pflichten der Beamten zum Schutz der
Republik" (das "Republikschutzgesetz"). Beamte wurden auf die Reichsverfassung und auf die
gewissenhafte Erfüllung aller Obliegenheiten des ihnen übertragenen Amtes eidlich
verpflichtet. Sie wurden nicht zum aktiven Eintreten für die Republik vergattert, sondern nur
zur "Duldung".
Von daher war eine mit der heutigen zu vergleichende Rechtslage nicht gegeben: Nach den
heutigen Beamtengesetzen müssen sich Beamte durch ihr gesamtes (auch das
ausserdienstliche) Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des
GG bekennen und vor allem auch für deren Erhaltung eintreten. Sie besitzen also nicht nur die
"Remonstrationspflicht", sondern sind zum aktiven Handeln für die "FDGO" verpflichtet.
Aus den Erfahrungen der damaligen Zeit lässt sich schliessen, dass die Widerstandspflicht
wirkungslos blieb. Das Staatshaftungsrecht unterstützte die weit verbreitete Abstinenzhaltung
der Beamtenschaft: Beamte hafteten persönlich nur dann, wenn sie rechtswidrig und
schuldhaft Gesetze verletzten. Der Nachweis eines Verschuldens war aber kaum jemals
möglich.
Dies galt insbesondere, da amtliche Anordnungen die Gesetzmässigkeitsvermutung für sich
hatten. Wenn Gesetze rechtsstaatlichen Massstäben nicht entsprachen, berührte das die
Prüfungspflicht der Beamten nicht. Befolgten Beamte solche Gesetze, handelten sie höchstens
fahrlässig.
Und: die "Demokratie ohne Demokraten" fand auch bei einem grossen teil der Beamtenschaft
kaum jene Gesinnung vor, die aus dem Recht praktische Realität gemacht hätte. Die
Republikfeindlichkeit weiter Kreise der Beamtenschaft ermunterte sie allenfalls, die
Anordnungen der republikanischen Führung zu bezweifeln.
Die Nationalsozialisten versuchten, den öffentlichen Dienst radikal umzustrukturieren. Mit
dem "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" von 1933 wurde das
fortbestehende Beamtenrecht der Naziherrschaft unterworfen. Mit dem Deutschen
Beamtengesetz von 1937 kam der offizielle Rückschritt im Beamtenrecht: Nicht mehr auf
Recht- oder gar Zweckmässigkeit sollte die Verwaltung verpflichtet werden, sondern auf den
Führer.
Weder sollten Beamte (eigen-)verantwortlich entscheiden noch einen "technischen Prozess"
leiten, sondern die völkische Weltanschauung verwirklichen. Von "wohlerworbenen Rechten"
(oder so etwas wie den heute im Grundgesetz verankerten "hergebrachten Grundsätzen") war
nicht mehr die Rede. Beamte wurden auf den absoluten Gehorsam gegen den Führer
verpflichtet. Das sei kein Kadavergehorsam, sondern Ausdruck bedingungslosen Vertrauens.
Das Gesetz verlangte von den Beamten Gehorsam gegenüber den Vorgesetzten und Treue bis
in den Tod gegenüber dem "Führer". Beamte mussten "rückhaltlos" (ein Schlüsselbegriff aus
dem "Wörterbuch des Unmenschen") für den nationalsozialistischen Staat und die Ziele der
NSDAP eintreten. "Rechte" der Beamten gab es nicht mehr, sie hatten eine Einheit mit dem
Staat zu bilden. Anders als in der Weimarer Republik war er zum kämpferischen Einsatz für
diesen Staat als "politischer Soldat in Zivil" verpflichtet.
Zwar waren die Beamten zwar für die Gesetzmässigkeit ihrer Handlungen verantwortlich und
damit haftbar, das DBG verpflichtete sie aber auch zur Befolgung von Weisungen, ausser die
Ausführung wäre eine Straftat. Dabei hatten Weisungen die Vermutung der Gesetzmässigkeit
für sich, der Beamte war ihnen ebenso verpflichtet wie den Gesetzen selbst. Sie mussten
demnach bei einer Weisung nur noch prüfen, ob sie von einem Weisungsberechtigten kommt.
Ob sie ausserhalb ihrer eigenen oder der Kompetenz des Vorgesetzten erging, war alleine der
anweisenden Stelle überlassen, die dementsprechend auch alleine für die Rechtmässigkeit
haftete.
Diese Grundsätze konnten jedoch nicht voll durchgesetzt werden. Die Mehrzahl der Beamten
war auch im Dritten Reich eben nicht "Parteisoldat in Zivil", sondern Mitläufer. Weisungen
wurde nicht widersprochen, aktiv für den nationalsozialistischen Staat kämpften aber beileibe
nicht alle. Statt dessen versuchten insbesondere die Beamten der unteren
Verwaltungsbehörden - etwa auf Gemeindeebene -, die immer schwieriger werdende
Versorgungslage in den Griff zu bekommen. Wie hätte es wohl ausgesehen, wenn Zeit genung
gewesen wäre, die Beamtenschaft nicht nur äusserlich auf den "Führergehorsam" festzulegen,
sondern auch alle "restlos" (Auch eine Vokabel aus dem "Wörterbuch des Unmenschen") zu
solchem Handeln zu veranlassen?
Nach dem Krieg setzten die Alliierten das Nazi-Gesetz nicht ausser Kraft. Das schien ihnen
nicht notwendig zu sein: Einerseits verboten sie die nationalsozialistische Auslegung,
andererseits entliessen sie viele Beamte. Dass die Entnazifizierung später so ineffektiv
betrieben wurde, lag an den veränderten politischen Gegebenheiten und widersprach eklatant
den Absichten der Militärregierung.
Die Alliierten versuchten, ein neues Verwaltungssystem zu installieren, das ohne
"Berufsbeamte" auskommen sollte. Nachdem sich in den Verhandlungen des
Parlamentarischen Rates abzeichnete, dass das Berufsbeamtentum wieder eingeführt werden
könnte, versuchten die britische und die amerikanische Militärregierung noch kurz vor der
Gründung der Bundesrepublik, diese Entwicklung zu stoppen. Im "Gesetz Nr.15" von 1949
wurde unter anderem festgelegt, dass die Beamten politisch neutral zu sein hätten: Amt und
Mandat sollten unvereinbar sein. Zudem sollten verstärkt "Aussenseiter" zugelassen werden,
die also nicht die normale Beamtenlaufbahn hinter sich gebracht hatten.
Im Grundgesetz wurde dann trotz des Widerstands der Alliierten das Berufsbeamtentum
festgeschrieben. Die früher als erwartet erstarkte, souveräne Bundesrepublik brauchte auf
deren Forderungen nicht mehr so viel Rücksicht zu nehmen: Schliesslich war sie jetzt
"Frontstaat" im Kalten Krieg.
Bei der Wiedereinführung des Berufsbeamtentums hat auch der DGB eine nicht unwesentliche
Rolle gespielt. So hatten etwa die nach dem Kriege wiedergegründeten "Lehrer-VBereine",
die den Beamtenstatus für ihre Mitglieder als wesentlichen sozialen Fortschritt ansahen, ihren
Beitritt zur Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und damit zum DGB auch von dessen
Bekenntnis zum Berufsbeamtentum abhängig gemacht.
1950 erging dann als Übergangsvorschrift das "Gesetz zur vorläufigen Regelung der
Besitzverhältnisse der im Dienst des Bundes stehenden Personen", wodurch das Deutsche
Beamtengesetz modifiziert wurde. Es galt für alle Bundesbeamten und die Beamten der
Länder, in denen noch keine Landesbeamtengesetze erlassen worden waren. Die neue
Bestimmung des § 7 DBG erwähnte die Gehorsamspflicht nicht mehr, umschrieb sie aber:
"(2) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu beraten und zu untestützen, die von ihnen getroffenene Anordnungen in ihrem Sinne auszuführen und ihre allgemeinen Richtlinien zu befolgen.
(3) Der Beamte ist für die Gesetzmässigkeit seiner dienstlichen Handlungen voll verantwortlich.
(4) Bedenken gegen die Rechtmässigkeit dienstlicher Anordnungen hat der Beamte
unverzüglich bei seinem unmittelbaren Vorgestzen geltend zu machen. Wird die Anordnung
aufrechterhalten und hat der Beamte weiterhin Bedenken gegen die Rechtmässigkeit, so kann
er sich an die nächsthöheren Vorgesetzen wenden, um eine die Verantwortung klarstellende
Entscheidung herbeizuführen. Bei für ihn erkennbarer Strafbarkeit der Anordnung wird der
Beamte nicht von seiner eigenen Verantwortung befreit; in solchen Fällen hat er die
Ausführung zu verweigern."
Das 1954 erlassene Bundesbeamtengesetz trennte die Norm in zwei Paragraphen auf. In § 55
BBG wurde die Gehorsamspflicht festgelegt, in § 56 die Verantwortlichkeit des Beamten und
die "Remonstrationspflicht". Ein Ausführungsverbot besteht seitdem, wenn die Ausführung
eine strafbare Handlung darstellen würde, seit 1961 auch dann, wenn damit die
Menschenwürde (auch die des Beamten selber) verletzt würde.
Eine wesentliche Neuerung war die Verpflichtung auf die "Rechtmässigkeit". Diese schliesst
weit mehr als die "Gesetzmässigkeit" ein, die im wesentlichen nur die Beachtung des
geschriebenen Rechts gebietet. Das verlangt vom Beamten ausserordentlich weitreichende
Rechtskenntnisse.
§ 56 verpflichtet Beamte - ausser in Sondersituationen - nicht zum aktiven Widerstand,
sondern nur zur passiven Nichtausführung von Weisungen. Dabei gilt auch hier wieder, dass
die Weisung den Anschein der Rechtmässigkeit für sich hat - schliesslich ist auch der
Vorgesetzte zur Remonstration verpflichtet!
Beamte können sich deswegen sowie wegen ihrer beschränkten Rechtskenntnisse oft irren -
sogar ohne dass das auffallen würde. Hieraus ergibt sich eine Pflicht der Beamten, die seinen
Wirkungskreis betreffenden Vorschriften zu kennen. Weisungen sind zu befolgen, sofern sie
vom örtlich und sachlich zuständigen Vorgesetzten stammen, die Ausführung innerhalb der
eigenen Kompetenz liegt, die Weisung in der vorschriftsmässigen Form ergeht und im Zweifel
vom Vorgesetzen sowie - bei fortdauerndem Zweifel - der nächsthöheren Instanz bestätigt
wird. Ein gesetzliches Widerstandsrecht des Beamten gibt es nicht (Ausnahme: In den Fällen
des Art.20 IV GG, aber der gilt für alle Bürger).
Bleibt die Frage, ob nicht die Bundesrepublik besser eine "Widerstandspflicht" mit der vollen
Verantwortlichkeit für die Rechtmässigkeit hätte einführen sollen. Andererseits reicht die
heutige "Remonstrationspflicht" - wenn sie von der Beamtenschaft wahrgenommen wird, und
darauf kommt es entscheidend an! - zur Lösung der Probleme weitgehend aus: Die
Überprüfung nach der Anmeldung von Bedenken hilft, dass Weisungen rechtmässig ergehen.
Ein Hoheitsakt, der aufgrund einer rechtswidrigen Weisung trotz Remonstration und
nachfolgender Bestätigung ergangen ist, kann vor den Gerichten angefochten werden.
Entscheidend für die Demokratisierung des Beamtentums ist damnach nicht die Frage
"Remonstrationspflicht" oder "Widerstandsrecht", sondern der demokratische Geist der
Rechtsordnung insgesamt: Die kontrollierbare Verpflichtung des Beamten auf die
rechtsstaatliche Ordnung, die uneingeschränkte Gewährung der Grundrechte für Beamte und
die umfassende Rechtsschutzgarantie ermöglichen erst die demokratische Gestaltung der
öffentlichen Verwaltung.
Die rechtsstaatliche Umgebung hat dazu geführt, dass die "Remonstrationspflicht" heute
Wirkung zeigen kann. Voruassetzung dafür ist allerdings, dass die Beamten diese Pflicht
kennen und wahrnehmen.
Alle Rechte beim Autor: johannes.rux@uni-tuebingen.de( johannes.rux@uni-tuebingen.de)
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